Hätte, hätte, Fahrradkette..

Am kommenden Mittwoch, my darlings, hätteten wir nach Woquard fahren tuteten  wollen, aber das wird ja leider nix.  Auch die geplante Fahrt nach Norderney mit Edda können wir in den Kamin schreiben, da die Landesregierungen die Inseln gesperrt haben. Das heißt aber auch, daß wir uns nicht mit unserem Freund J. treffen können, dem früheren Pfarrer des Bonner Münsters. J. ist seit einem guten Jahr im Ruhestand, verbringt aber seit Jahren seine Urlaube auf Juist. Er liebt die Insel und vertritt dort immer gerne den Inselpfarrer, wenn dieser mal im Urlaub ist. Der Ruhestand fällt J. sehr schwer (wir haben ihn zuletzt kurz vor Weihnachten gesehen, als er uns im Lüttje Huus besuchte. Da hatte der Prinz ihn in Norddeich von der Fähre abgeholt und wir konnten kaum glauben, daß er schon 70 ist!). Die Sonntage seien besonders schwer für ihn, wie er uns erzählte, da müsse er immer noch aufpassen, nicht in ein Loch zu fallen, weil ihm es ihm so fehle, den Sonntagsgottesdienst zu halten. Nun, wir hatten geplant, J. auf Juist zu besuchen, aber wegen der Insel-Sperre kann er ja jetzt auch nicht hin. So eine Scheiße.

Na, der Prinz und ich planen schon für Ostern (gezwungenermaßen hier): Omas Sauerbraten mit Rotkohl und Klößen, nachmittags Omas Quarktorte.) Wie wird euer Osterfest aussehen?

Oma#tweetdestages

 

Vorgestern langes Telefonat mit Schwesti gehabt.Beide haben wir das Gefühl, daß Oma in der letzten Zeit sehr präsent ist. Wir denken an sie, wollen sie spontan anrufen, zitieren ihre Aussprüche… und können nicht glauben, daß sie schon seit zwölf Jahren tot ist. Für uns ist sie gefühlt immer noch da, mitten in unseren Leben. Ostern wird es hier bei uns wieder ihren berühmten Sauerbraten geben, mit Rotkohl und Kartoffelklößen (der Prinz hat extra für den Braten einen „slow cooker“ gekauft.) Schwesti macht öfter Omas herrliche Quarktorte. Das Rezept habe ich, und mal sehen, vielleicht mache ich mich Ostern mit Hilfe desPrinzen mal daran ( er nannte sie ebenfalls „Oma“…)

Und wieder (und immer noch) Ingrid

Heute ist der neunte Juni und damit der Geburtstag meiner unbekannten Tante Ingrid, die ich nie kennenlernen konnte, weil sie schon drei Monate nach ihrer Geburt starb. Oma hat mir oft von ihr erzählt. Das, was sie mir über ihr Baby mit dem „Mund wie eine Herzkirsche“ erzählte, sehnsüchtig und traurig, habe ich hier festgehalten. Ich hoffe, daß Oma, als sie starb, ihre kleine Tochter gleich wiedergesehen hat. Ingrid wäre heute 75 Jahre alt geworden. Ich bedaure, dass ich sie nicht gekannt habe (Ebenso bedaure ich, Omas Abschiebung ins Heim nicht verhindert zu haben, obwohl ich es ihr versprochen hatte).

 

bin gleich da! #tweetdestages

Ach… ich vermisse nicht nur Oma, ich vermisse auch ihr Essen, mit dem sie uns alle verwöhnt hat. Ihre „Kekse“ waren sensationell.
WANN ICH ENDLICH MEINE OMA WIEDERKRIEGE, HAB ICH GEFRAGT!

Goodbye, Sir. Fare well.

Das war ein trauriger Samstagmorgen. darlings, als ich auf dem Eipätt den Mailordner öffnete, um beim Kaffeeschlürfen durch die verschiedenen Newsletter und Pressemeldungen zu streifen, die ich abonniert habe. Dazu gehören neben Zeitungen wie Spiegel, ZEIT, FAZ, Times UK und New York usw. auch amerikanische politische Online-Magazine wie Mother Jones, Daily Kos, Raw Story und PoliticusUSA (um Arsehole Orange und die Atomcodes im Auge zu behalten 😉 ). Einige hatten ihren Aufmacher bereits im Betreff stehen, so daß ich die traurige Neuigkeit schon sah, bevor ich überhaupt eine Mail angeklickt hatte. Ungläubig sah ich denPrinzen an.

„John McCain ist gestorben?!“ fragte ich bestürzt.

„Oh“, sagte der Prinz, „das hab‘ ich gar nicht mitbekommen. Wie schade.“

Ja, das fand ich auch. Und ja, natürlich hatte ich, wie der Rest der Welt, gewußt, daß er einen hochaggressiven Hirntumor und damit nur noch eine begrenzte Lebenszeit hatte.

Meine Reaktion zeigte mir, wie recht Kafka mit seinen schönen Zeilen hatte:

Man sieht die Sonne

langsam untergehen

und erschrickt doch,

wenn es plötzlich dunkel ist.“

(Jemand aus unserem Umfeld hatte sie für die Todesanzeige seiner Frau gewählt.)

Im Gegensatz zu Trumpelstilzchen hatte ich John McCain sehr gemocht und seine Ehrlichkeit und Offenheit sowie seinen Mut bewundert. Ich hielt ihn für einen grundanständigen und gütigen Menschen (und möglicherweise habe ich ihn auch ein bißchen angehimmelt 😉 ).

Eine schöne Seite hatte der Samstag aber trotzdem: der Patensohn des Prinzen kam mit seinen Eltern (Jugendfreunde des Prinzen) zu Besuch. Die drei hatten Lust auf einen Besuch im Dom. Der Wormser Dom ist dieses Jahr 1000 Jahre alt! (Hinweis: TerraX hat dem Geburtstagshaus eine eigene Sendung gewidmet! Großartig gemacht, und unser neuer Bischof, Peter Kohlgraf (der Nachfolger Kardinal Lehmanns), erklärt darin vieles über die Bauzeit des Doms, wie die Menschen in Worms damals lebten und noch mehr Wissenswertes. Ich hatte Lehmann gemocht, mag aber Kohlgraf noch lieber. Wir fünf sahen uns im Dom die interaktive Ausstellung zum 1000. Geburtstag an und ich zündete, wie immer, wenn ich in einer Kirche bin, ein Kerzchen für Oma an. (Dieses kleineRitual gehörte für Oma in jeder Kirche dazu – ich weiß nicht, für wen sie das Lichtchen anzündete (vielleicht für Klein-Ingrid, ihre zweite Tochter, die als Baby schon starb), aber sie tat es immer. Und so habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht,ebenfalls immer ein Kerzchen für Oma anzuzünden.

Der Prinz absolvierte mit den dreien eine komplette Führung – er kennt sich unglaublich gut aus mit unserem Dom. Als wir weiterzogen, plädierte ich für ein Eis. Der Prinz grinste nur und wir bogen ab in  Richtung Vanninis Eis-Pavillon. Leider war es kalt und windig. Das machte das Sitzen an den Tischen sehr ungemütlich. (Eigentlich hatte Sig.Vannini geplant, auf dem Marktplatz ein zweistöckiges Caféhaus zu bauen, aber nun hat ihm die Stadt in letzer Minute die Erlaubnis verweigert. Zu der Kälte kam hinzu, daß in meinem Amarenabecher Fruchteis war! Ti prego – wer tut in einen Amarenabecher Erdbeer- und Zitroneneis?! Bäh!

Zu Hause kochte der Prinz für uns alle Spaghetti Bolognese. (Und einen „richtigen“ Amarenabecher bekam ich dafür gestern Abend, bei Esther und Alessio. Also stimmt die Bilanz des Wochenendes wieder 😀

Omas Seersucker

Sicher kennt ihr Seersucker-Stoff, meine Lieben? Das ist (vor allem bei Bettwäsche) dieser angenehme Baumwollstoff mit Waffel-Struktur, die den Stoff bei Wärme angenehm kühl macht und der bei Kälte die Wärme speichert.

Der Prinz und ich bekommen per Mail jede Woche die aktuellen Angebote von LIDL und ALDI, und LIDL hat gerade Seersucker-Bettwäsche im Angebot. Der Prinz kennt ja genau meinen Geschmack und brachte mir auf gut Glück eine Garnitur mit, die ich auch sehr schön finde.

Und wie es so oft geschieht, war auch sofort Oma dabei. Oma hatte ein großes Faible für Tisch- und Bettwäsche und Handtücher. Seersucker-Stoff mochte sie auch gern. Nur mit dem Englischen hatte sie es nicht so – ihr Wort für diesen Stoff war: Seezucker. Hinreißend, oder? ❤ Ich habe dieses Wort für diesen Stoff so oft benutzt, ich muß aufpassen, daß mir das nicht mal in der Öffentlichkeit rausrutscht :/

Wikipedia erklärt den Begriff hier.

Überhaupt zitieren meine Geschwister, der Prinz und ich Oma und Opa so oft und mit so viel Liebe, daß die beiden eigentlich gar nicht tot sein können (es sind dieses Jahr zehn Jahre).

Die neue Seezucker-Garnitur kommt jetzt erstmal in die Wäsche und dann bitte ich nächste Woche meine Freundin Tini , die hin und wieder kommt und mir bei Haushaltsdingen hilft, die ich einpfotig nicht hinbekomme, mir den Seezucker auf mein Bett zu ziehen. Denn das ist klar eine Zweihand-Aufgabe 😀

Ach, ich vermisse Oma so sehr! Mir fehlen unsere stundenlangen Telefonate über Gott und die Welt, und wenn ich ihr jetzt von der neuen Bettgarnitur erzählen könnte, würde sie das sicher freuen und morgen früh würde sie Opa zu LIDL schicken, zwei Seezucker-Garnituren zu besorgen.

A propos: Könnte sich bitte mal ein Zeitreisender bei mir melden…? Ich möchte da gern ein paar Fragen stellen…

Opas 100. Geburtstag!

Wow, das klingt gewaltig, aber so isses, darlings – mein Opa würde heute 100 Jahre alt. Er kam im Oktober 1917 zur Welt und er starb im April 2008, also vor neun Jahren, und ich vermisse ihn, als sei er erst seit ein paar Tagen tot. Mit Oma geht es mir genau so ( sie folgte ihm im Juli 2008).

Ich stelle hier nochmal ein Foto von 2003 ein, das mich mit Opa auf unserem geliebten Gasometer ( Spitzname „Die Tonne“) zeigt.

Vadder, du fehlst!

Hier eines seiner liebsten Musikstücke… in memoriam Hermann Flötgen…

gasometer

Omas Plätzchen

Petra bloggte kürzlich einen Beitrag, den sie Drinnenbeschäftigungen“ nannte und in dem es unter anderem auch um das Backen von Plätzchen geht.

Die Vorweihnachtszeit ist für mich immer „Oma-Sehnsuchts-Zeit“. Früher kamen jedes Jahr Weihnachtspäckchen von Oma (sie benutzte dafür immer Schuhkartons, die sie nach dem Schuhekauf sorgfältig aufhob).

Drinnen waren Weihnachtssüßigkeiten aller Art, eine Weihnachtskarte (von beiden, Oma und Opa, unterschrieben), ein Geldgeschenk und das Wichtigste, auf das wir uns das ganze Jahr gefreut hatten: Omas Schwarz-Weiß-Gebäck! Ihr kennt das sicher, diese Plätzchen aus hellem und mit Kakao verdunkeltem Teig, den man zu unterschiedlichsten  Mustern kneten kann. Oma hatte karierte Muster und Schneckenhaus-geringelte.  Der „Kick“ an Omas Plätzchen, das Besondere, das Oma-Eigene, war: Oma buk die Plätzchen in einem Gas-Backofen, an dem sie das „Feintuning“ nicht ganz im Griff hatte. So hatten ihre Plätzchen immer einen ganz, ganz leicht angebrannten Beigeschmack. Nicht unappetitlich – im Gegenteil! Dieser Hauch von „leicht angebrannt“ war herzhaft-lecker und gehörte zu ihren Plätzchen dazu. Das war die typische Oma-Note des Gebäcks. Außerdem waren die Plätzchen deswegen immer etwas dunkel „überhaucht“.

Wenn Oma ein Päckchen schickte, füllte sie die Plätzchen in diese durchsichtigen Konditorei-Tütchen. Hatten wir  – der Prinz und ich – das Glück, Oma  vor Weihnachten noch persönlich sehen zu können,  überreichte sie uns jedem ein Jutesäckchen mit Namen und einem aufgeklebten Glanzbild (kennt ihr die noch – Glanzbilder?) und ermahnte uns mit gespielter Strenge: „Aber alles gerecht aufteilen! Nicht zanken, hört ihr?!“

Trotzdem: Da ich ja eine leidenschaftliche Süß-Frühstückerin bin, waren die Plätzchen bei mir nach kürzester Zeit weg. Der Prinz dagegen brauchte ewig, bis er überhaupt mal eine seiner Tüten öffnete. Also mußte ich das logischerweise für ihn tun – klar, ne?! Natürlich flehten seine Plätzchen mich an, sie zu essen, und gutmütig, wie ich manchmal sein kann, erbarmte ich mich ihrer. Der Prinz, die alte Petze, verpfiff mich umgehend. „Omma, die Nicole hat alle meine Plätzchen gegessen! Ich hab‘ kein einziges abbekommen!“ jammerte er am Telefon. Ich bekam natürlich „Schimpfe“ von Oma  😉

Ja… seit acht Jahren vermisse ich nun Omas und Opas Weihnachtspäckchen… Da Opa, der Gründliche, sie verpackte, waren sie meist in mehrere Lagen dicken Packpapiers eingewickelt und mit mindestens zehn Metern Paket-Klebeband  gesichert (man weiß ja nie…) ❤ ❤ ❤

Opa starb im April 2008, Oma folgte ihm im Juli darauf. Und wenn ich jetzt rosa Wolken am Himmel sehe, dann weiß ich: Oma backt Plätzchen.

Petras Fragen # 1

My dearies,

Petra stellt in ihrem Blog Voller Worte regelmäßig kleine Fragen, die auf den ersten Blick einfach erscheinen, für deren Beantwortung man aber manchmal schon etwas denken und vor allem bei sich selbst hinterfragen muß.

Ich möchte diese Fragen hier nach und nach für mich beantworten und euch – wenn ihr mögt – einladen, eure eigenen Antworten zu finden und sie – entweder hier oder bei Petra – als Kommentar einzustellen.

Heute fragt Petra:

Noch eine unsinnige Frage: Wie heißt du und warum heißt du so? Kennst du die Bedeutung deines Namens?

Unsinnig finde ich die Frage gar nicht! Linguistik finde ich spannend, und ein Name begleitet uns das ganze Leben lang, ob er uns gefällt oder nicht. Und je nach Bedeutung kann er auch Kraft geben.

Daß ich Nicole heiße, wissen ja einige von euch. Es ist die weibliche Form von Nikolaus. (Der Name stammt aus dem Griechischen: Nike = der Sieg; Laos = das Volk, also “Siegerin über das Volk“ oder Siegerin aus dem Volke“. Die familiäre Geschichte dazu ist so: Mein Vater hatte den Namen in einem französischen Film mit Brigitte Bardot gehört, so hat es mir meine Mutter erzählt, und ihr (also meiner Mutter) vorgeschlagen, das Baby, wenn es ein Mädchen werde, Nicole zu nennen. Meine Mutter war einverstanden und ich wurde ein Mädchen 😀 Während fast meiner gesamten Kindheit fragten mich Leute: “Wie heißt du?! Sind deine Eltern Franzosen?“ Oder sie konnten es nicht aussprechen und sagten „Nickoll“, mit Betonung auf der ersten Silbe. Ich war unendlich erleichtert, als ich elf Jahre alt war und eine Sängerin namens Nicole mit dem Lied „Ein bißchen Frieden“ den Grand Prix gewann. Von diesem Tag an wußte jeder, wie man den Namen schreibt und ich hörte keine blöden Fragen mehr. Im Gegenteil, Nicole wurde sogar zum Modenamen, plötzlich liefen überall Nicoles herum. Das war cool.

Meine geliebten Großeltern allerdings fanden den Namen alles andere als gut. Was sollten denn die Leute denken?! Nein, da mußte wenigstens ein ordentlicher deutscher Name dazu. Damals war „Martina“ gerade schwer in Mode, also endete ich mit Martina Nicole. In der sechsten Klasse waren wir fünf Martinas! Mein Rufname allerdings war immer Nicole, außer bei meinen Großeltern, die mich Martina riefen. Als ich zehn war, entwickelte sich „Nico“ als Spitzname, den ich sehr lange trug (einer meiner Onkel nennt mich heute noch so). Der Name „Martina“ ist mit meinem Opa im April 2008 gestorben, er nannte mich bis zuletzt so. Obwohl ich den Namen lange Zeit nicht mochte und ihn sogar aus meinen behördlichen Daten rausschmuggelte, mag ich ihn inzwischen. Als Katholikin habe ich mich auch mit meinen Namenspatronen beschäftigt, dem Heiligen Nikolaus und dem Heiligen Martin, und beide finde ich ziemlich cool (der Martinus war römischer Soldat und hat hier in Worms seinen Kriegsdienst quittiert!) Ach ja, die Bedeutung,danach  fragt Petra ja auch; – ) Im Martin steckt der Kriegsgott Mars. Na – Kriegsgott und Sieger – hätte ich einen besseren Namen bekommen können?! Für mich heißt das: don’t fuck with me, or you‘ll be fucked! Wie sieht es mit euren Namen aus?

 

 

 

1984 :'(

Opa und Nicole

Das war 1984 im Mannheimer Luisenpark. Ich war zarte23 Jahre alt. Unfaßbar, aber so sah ich wirklich mal aus 😀 Damals  lebte ich seit zwei Jahren hier in der Gegend, und Oma und Opa kamen mich so oft  besuchen, wie es ihnen möglich war.

  • Der Pullover war mein erster selbst gestrickter, und ich war sehr stolz darauf (Der Prinz nennt ihn „Oma-Pulli“, weil er ihn so altmodisch findet). Der Pulli hatte Knöpfe aus Holz 😀 😀
  • Opa verließ übrigens niemals anders als auf dem Foto das Haus: Anzug, Krawatte, Hut. (Und drunter lange Unterwäsche – immer, zu jeder Jahreszeit. Opa war ein sehr vorsichtiger Mensch. [„Man kann ja nie wissen.“] ) Der Exgatte  😛  und ich haben Oma und Opa zwei Mal nach Mallorca mitgenommen und einmal nach Kreta, je für eine Woche. Auch da trug Opa unbeirrt die lange Unterwäsche. Die Aktentasche gehörte ebenfalls zu ihm wie sein Hut.
  • (Die beiden sind seit acht Jahren tot und ich vermisse sie, als seien sie erst gestern gestorben.)   😥

Fängt mit E an und hört mit P auf

„Hey“, sagte Oma heute in den frühen Morgenstunden im Traum zu mir.  „Drück mal die Daumen!“

„Wofür?“ fragte ich.

Oma grinste ihr kleines, schelmisches, spitzbübisches Lächeln.

„Fängt mit E an und hört mit P auf“, sagte sie.

Und lächelnd wurde ich wach.

Das bedeutet, es ist irgendeine Überraschung, irgendwas Tolles für mich im Gange und vermutlich haben Oma und Opa von da, wo sie jetzt sind, ihre Finger mit im Spiel. Ich drücke also die Daumen und freue mich.

Omas kryptische Erklärung „Fängt mit E an und hört mit P auf“ ist nur für Leute kryptisch, die nicht zum engeren Familienkreis gehören. Der Spruch gehört seit meiner Kindheit überall dazu, wird bei jeder passenden Gelegenheit lachend zitiert und bedeutet: „Musst du jetzt noch nicht wissen, gedulde dich, es ist eine Überraschung“.

Sein Ursprung liegt in der Zeit, als meine Mutter noch ein kleines Mädchen war und sich zu Weihnachten sehnlichst eine Puppe wünschte. Das war finanziell damals nicht allzu einfach, aber mein Opa war gelernter Maler und Tapezierer und da konnte sich ein guter Mann schon nebenher noch etwas verdienen.

Die Puppe wartete also in ihrem Versteck auf Weihnachten, während in der Wohnung ein kleines Mädchen herumsprang und immer wieder seine Mutter löcherte: „Was bringt mir denn das Christkind?“

Und irgendwann sagte die Mutter dann, das Wort „Puppe“ einfach herumdrehend: „Fängt mit E an und hört mit P auf.“

Die Kleine hatte zu raten und Ruhe war bis Weihnachten.

Die Puppe gibt es schon lange nicht mehr. Der Spruch lebt bis heute.

Opa und ich. Das Foto. Die Geschichte.

Wenn mich meine Erinnerung und die Frisur nicht trügen, war das um 1984 herum.

Opa und ich fuhren an diesem Tag nach Sterkrade, um irgendwas zu besorgen. Es war gerade Fronleichnamskirmes, aber noch vormittags, also nicht viel Betrieb.

Wir schlenderten über die Randausläufer der Kirmes und kamen an einer Bude mit Lebkuchenherzen vorbei. Opa guckte die Herzen an, zeigte auf eines, auf dem „Ich liebe dich“ stand und fragte leicht schüchtern: „Sollen wir das der Oma mitnehmen?“

„Die würde sich bestimmt sehr freuen, mach das“, sagte ich und Opa nahm das Herz mit. Irgendwo fanden wir auch noch diese Pixi-Box, in der wir Fotos von uns machten.

Im Auto vor der Haustür drückte Opa mir das „Ich liebe dich“-Herz in die Hand und sagte verlegen grinsend: „Das gibst du ihr.“

(Ich glaube nicht, dass Opa jemals die Worte „Ich liebe dich“ über die Lippen gebracht hat. Er hat das nie gelernt, das mit dem Zeigen von Gefühlen, aber … passte schon.)

„Nix da, Vadder“, sagte ich energisch, „das machst du mal schön selber.“

Er wurde rot, ging mit dem Herz ins Haus und drückte es Oma unzeremoniell in die Hand. Ich glaube, er murmelte noch irgendwas von „Da, für dich“ oder so, bevor er sich intensiv mit dem Inhalt des linken Küchenschrankes beschäftigte.

Oma bedankte sich und grinste in sich hinein.

Das Herz hat sie aufbewahrt, es lag bis zuletzt – steinhart, aber unbeschädigt – im Wohnzimmerschrank.

Dieses Foto hat Opa bis zuletzt in seiner Brieftasche mit sich herumgetragen. Er hat es oft vorgezeigt, vielen der Fremden, die er unterwegs einfach ansprach und denen er seine Lebens- und Krankengeschichte erzählte (Oma starb dann immer tausend Schamtode), aber auch für mich holte er es unzählige Male hervor. „Weißt du noch?“

Nach seinem Tod kam das Foto zu mir zurück.  Es ist eine ganze Zeitlang in meinem Portemonnaie mit herumgereist. Jetzt rahme ich es und hänge es über meinen Schreibtisch.

Ja, Vadder… ich weiß noch.

Oma anrufen

Im Juli war Oma ein Jahr tot, Opa im April, und immer noch ist der Impuls da, sie anzurufen oder ich denke sonstwie an die beiden.

„Oh, die Postkarte ist toll, die schicke ich Oma und Opa.“

„In dieses Café muss ich mal mit Oma und Opa gehen.“

„Was Oma sagen wird, wenn ich ihr das erzähle?“

„Tolle Aussicht hier oben, das muss Opa sehen.“

Oder:

Zu wissen, dass ich mir zwar jederzeit Wirsing in Milchsoße mit Kartoffeln und Frikadellen machen könnte, es aber niemals so schmecken wird wie bei Oma.

Immer noch ihre Stimmen hören und sie lachen sehen.

Zu wissen, dass jetzt andere Menschen in ihrer Wohnung in der Rothebuschstraße wohnen, die mein eigentliches Zuhause war und in der sie 62 Jahre lang gelebt haben.

Sonntags zu realisieren, dass Oma nicht um halb sieben ans Telefon gehen wird.

Ach ja.

Negermusik

Fuhr heute vor dem Haus vor, stellte die Bryan-Adams-CD ab und stieg aus.

Eine alte Frau aus der Nebenstraße war gerade auf der Höhe des Autos, guckte missbilligend und sagte im Vorbeigehen:

„Des ihr junge Leit immer die Neeschermusik so laut mache misse!“

Negermusik.

Wie lange hab ich das nicht mehr gehört.

Opa, ich vermisse dich.

Wat der Goethe und der Schiller komponiert hat

Dieser Beitrag von Nessy hat mich an eine Geschichte erinnert, die meine Oma oft erzählt hat:

Das muss in den 50er Jahren gewesen sein. Der Sohn der Türnachbarn meiner Großeltern wollte gerne Funker werden, scheiterte aber ein ums andere Mal am Allgemeinwissenstest.

Klagte der Nachbar meinem Opa im Hausflur sein Leid: „Herr Flötgen, der Jung tut mir so leid. Der will doch nur Funker werden. Muss der Jung denn wissen, wat der Goethe und der Schiller komponiert hat?“

Ich erinnere mich, dass mir „der Jung“ schon leid getan hat, als ich noch ein Kind war und diese Geschichte hörte. Ich habe ihm damals gewünscht, er hätte die Ausbildung machen können, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ein Funker ist.

Das ist übrigens der gleiche Nachbar, der mit dem schönen überlieferten Satz an der Tür meiner Großeltern klingelte: „Herr Flötgen, könnse mich ma der Hammer leihen, unser Hilde sein Bett is kaputt, dat muss ich nägeln.“

Ich hab die Leute leider nicht mehr kennengelernt, aber sie müssen sehr nett gewesen sein, meine Großeltern mochten sie wohl sehr. Als ich geboren wurde, wohnten gerade die Nachfolger da. Bei denen in der Küche bin ich dann praktisch mit aufgewachsen.

Ach ja, und ich vermisse Omas Geschichten.

Ingrid. (Für Frau … äh … Mutti.)

Dieser Beitrag von Frau … äh … Mutti hat mir gerade die Augen nass gemacht und ihre Bemerkung über das Alleinsein mit diesem Kummer hat mich an meine Oma erinnert:

Nach meiner Mutter bekam meine Oma noch ein Kind, wieder ein Mädchen (zur Enttäuschung ihres Mannes, aber die Söhne hat sie dann nach dem Krieg nachgeliefert).

Die Kleine wurde in einer Nottaufe Ingrid genannt und starb mit drei Monaten. Sie hatte die „blutige Ruhr“. Als Oma mit dem Baby ins Krankenhaus kam, schüttelte die Krankenschwester mitleidig den Kopf und sagte: „Sie bringen das Kind nur zum Sterben her.“

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Das Oma-Universum

Auf der Rückfahrt im Auto entspannen und denken „Jetzt Oma anrufen und ein bisschen quatschen“.

Beim Geocachen im Wald am Hügel abrutschen und runterkullern und denken „Oma lacht sich kaputt, wenn sie das nachher hört.“

Am Bahnhof in der Buchhandlung lustige Postkarten sehen, nach einer greifen und denken „Die schick ich jetzt an Oma und Opa, die gefällt ihnen“.

Urlaub zwischen Weihnachten und Neujahr planen und Oma hören: „Nehmt mal mit, was ihr kriegen könnt, das kann euch nachher keiner mehr nehmen!“

Aufregen über einen bekloppten Zeitgenossen und dann Omas Spruch anbringen „Unser Herrgott hat ’n bunten Tiergarten.“

Eine Quarktorte mit Mandarinen drauf sehen, Tränen in die Augen kriegen und denken „Schmeckt eh nicht so gut wie Omas“.

Ich heul grad ein bisschen vor mich hin. Die beiden fehlen mir so.

Opas Bushaltestelle

Einige Monate vor dem Tod meiner Großeltern haben die Oberhausener Verkehrsbetriebe die Bushaltestelle verlegt, die, solange ich denken und mich erinnern kann, vor der Haustür der beiden war.

Die neue Haltestelle war ein ganzes Stück weiter weg und da meine Großeltern zuletzt beide nur noch sehr schlecht laufen konnten, war es damit für sie sehr beschwerlich geworden, noch rauszukommen. Selbständig jedenfalls – natürlich war auf Anfrage immer jemand von der Familie da und es bürgerte sich schnell ein, dass meine Mutter, meine Schwester oder mein Onkel die beiden in die Stadt zum Einkaufen und bummeln fuhren.

Aber meinen Großeltern passte das nicht, immer fragen und „die Kinder belästigen zu müssen“, also sagten sie oft auch mal nichts.

Als Opa beerdigt wurde, sprachen wir darüber, wie gut ihm sein Grab gefallen würde: praktisch unter seinem geliebten Gasometer, unter schönen Bäumen. Einer meiner Onkel sagte trocken „Fehlt nur noch die Haltestelle!“. Wir lachten und beschlossen, Opa eine Haltestelle zu beschaffen.

Der Prinz und ich haben seitdem öfter in diesen Modelleisenbahnläden nachgefragt, ich habe bei Ibääh Ausschau gehalten, aber so eine einzelne kleine Haltestelle zu bekommen, ist schwieriger als man denkt.

Jetzt hat meine Schwester es geschafft und Opa zu seinem Geburtstag heute seine Haltestelle gebracht. Das Foto hat sie heute mittag gemailt. Toll, oder?