Achtung – langer Text!
Wie James Bond so schön sagte, my darlings: Never say never again…
Seit Jahren schon versuchte der Prinz, mich für ein Liegerad zu begeistern. Immer wenn jemand in so einem Ding an uns vorbeiflitzte, sagte er: „Siehst du, Schatz, sowas fände ich für dich klasse.“
„Auf keinen Fall!“ war meine Standard-Antwort. „Viel zu niedrig, auf Auspuff-Höhe der Autos, außerdem sehen mich die Autofahrer so weit unten gar nicht! Ich bin nicht lebensmüde, nee danke.“
Der Prinz erklärte mir, daß ich ja nicht so ein Rad fahren solle, bei dem der Fahrer auf dem Rücken in einer Art „Boot“ liegt, mit einem Rad vorn und hinten. Es gebe ja auch trikes (zwei Räder hinten, eines vorn), mit einem bequemen aufrechten Sitz. Auch das war mir nicht geheuer – „unbequem und immer noch zu niedrig“, dachte ich. Und die Angst vor den Autos!
Aber neugierig war ich schon. Als ich mit Hubert, meinem Physiotherapeuten, darüber sprach, war er Feuer und Flamme. Er schlug mir vor, bei der Lebenshilfe zu fragen, ob ich dort mal Probe fahren könne, denn die haben drei Stück davon. Ich rief an und fragte, kam aber nicht weiter, denn die Telefonisten verwiesen mich nur von einer Person an die nächste, die auch nichts wußte. Der letzte Anstoß kam über Facebook. Dort bin ich mit einer Frau in Kontakt, die an Multipler Sklerose leidet. Mit ihr tausche ich mich ab und zu über Behinderten-Themen aus. Einer ihrer Kontakte zeigte ein Foto seines neuen trikes – genauso eins, wie der Prinz mir immer wieder gezeigt hatte. Ich schrieb ihn sofort an und fragte nach Details. Er verwies mich an die Firma Hase. Deren Verkaufsleiter, ein sehr fitter junger Mann, riet mir, mit der Händlersuchfunktion auf der Seite einen Händler zu suchen, der Reha-Erfahrung hat. Tatsächlich fand Tante Google so einen, hier in der Region. Sie gaben mir einen Termin und am Samstag vor vier Wochen fuhren wir hin. Das Geschäft ist ein Fahrradgeschäft, in dem hauptsächlich leidenschaftliche Rad-Fans und Fachleute arbeiten – und eben eine sehr kompetente Reha-Beraterin.
Die Beraterin hatte schon ein Modell für mich bereitgestellt, das TRIX. Eigentlich ist das TRIX für behinderte Kinder und Jugendliche gedacht, aber die Beraterin sagte, bei meinem geringen Gewicht passe das noch prima für mich. Mit dieser Frau fühlte ich mich sofort wohl, denn es war deutlich zu spüren, daß ihr das große Freude bereitet, behinderte Menschen zu beraten und das jeweils passende Rad für die einzelnen Personen zu finden. Aufgrund der Fragen, die sie mir stellte, vermutete ich, daß sie Physiotherapeutin sei, aber das war tatsächlich nur ihre Berufserfahrung durch die jahrelange Beratung.
Der Clou ist: Das TRIX hat eine Heilmittelnummer, ist also als Therapiegerät anerkannt. Das heißt nun nicht, daß die Krankenkassen einem das automatisch genehmigen, aber auch für das Beantragen ist die Beraterin da.
Sie riet mir, zur Probe eine Runde um den Block zu drehen. Sie zeigte mir dabei gleich, wie ich mich am besten auf dem Sitz niederlasse und wie ich das linke Bein befestige, damit das Knie nicht nach innen abkippt.
Kinners: sobald ich saß und fünf Meter gefahren war, waren alle meine Bedenken und Vorurteile weg! Ich war völlig baff und verblüfft, wie bequem und komfortabel das Rad ist! Der Prinz blieb neben mir, während ich vorsichtig die Straße entlang manövrierte und immer begeisterter wurde 😃 Leider wehte ein eisiger, schneidender Wind, das verdarb den Spaß ziemlich.
Hier, guckt mal:

Nie hätte ich geglaubt, daß das Sitzen und Fahren auf dem Trike so komfortabel ist!
Die Beraterin gab mir den Hinweis, daß Empfehlungen meiner Therapie-Praxen für einen Antrag bei der Krankenkasse hilfreich sein könnten. Von der Ergo- und der Physio-Praxis habe ich die Empfehlungen schon hier, der Neurologe in Mannheim hat mir auch seine Hilfe angeboten.
Dennoch wird die KK nicht einfach so sagen „Ja klar, machen wir!“, denn das TRIX ist zwar ein großartiges Therapiegerät, das mir viel bringen kann (Herz/Kreislauf, Stärkung der Muskulatur, Immunsystem… ), aber es ist eben kostentechnisch aufwendiger als diePhysiotherapie, die hier bei uns zu Hause läuft. Aber die Beraterin kennt sich gut aus mit solchen Anträgen, und sollte es klappen, daß meine Kasse mir ein TRIX genehmigt, dann wäre es frühestens im Frühjahr soweit.
Und auch dann würde wohl ein dicker Eigenanteil an mir/uns hängenbleiben. Wenn dieser unsere finanziellen Möglichkeiten überschreitet – was wahrscheinlich ist – , dann würde ich versuchen, es über ein Crowdfunding zu finanzieren, wie meine Freundin Yvonne es vor einiger Zeit mit der Herausgabe ihres Buches vorgemacht hat.
Das TRIX soll einen E-Motor bekommen, damit wir auch mal in bergigen Gegenden fahren können. (Der Prinz hat sich in diesem Sommer bereits ein E-bike angeschafft, weil er sportlicher werden möchte).
Yvonne hatte damals für alle, die bereit waren, dem Buch über das crowdfunding zu helfen, angeboten, sie im Buch zu nennen, mit einem Dank.
Meine Idee ist, dann ein neues Blog zu gründen, das ich „Fünf Räder, acht Beine“ oder „Acht Beine, fünf Räder“ nennen und in dem ich unsere Trips mit den Rädern und Herrn Sonntag festhalten will. (Zusammen hätten unsere Räder fünf Räder, und wir beide mit Herrn Sonntag kommen auf acht Beine.) Da könnte ich gleichzeitig Tipps für Behinderte unterbringen – welche Wanderwege, Restaurants, u. s. w. sind barrierefrei… und der Mausebär könnte dabei nach Herzenslust rennen ❤
In dem Blog könnte ich dann auch die Spender nennen (falls ok für sie) und/oder ihr Geschäft/Unternehmen vorstellen. Einer meiner Physiotherapeuten hat mich schon aufgefordert, ihm über Facebook Bescheid zu geben, wenn ich das crowdfunding starte, er sei dann dabei. Lieb, oder?!
Was haltet ihr von dem Projekt, darlings?