Den Cache hab ich nicht gefunden. Was ist das für eine bescheuerte Anweisung – wenn du bei den Koordinaten angekommen bist, geh ein paar Schritte nach 110°?
Was sind „ein paar“ Schritte? Zwei? Fünf? Acht? Der Boden ist rundum mit nassem Laub auf einem Efeuteppich bedeckt, da soll ich auf gut Glück ne kleine Dose mit den Folgekoordinaten finden? Ich hab ein bisschen an der Mauer und unter ein paar Büschen rumgesucht und dann fluchend aufgegeben. Blöder Cache-Owner.
Der Wind war kalt und meine Finger halb abgefroren und meine Handschuhe sind in der Waschmaschine, weil sie nach Öl riechen (nicht fragen) und so beschloss ich, ins Schlosscafé zu gehen.
Dort bestellte ich bei der blonden Kellnerin „ein Stück Käsesahnetorte und einen Earl Grey, bitte“.
Sie guckte mich an, als trüge ich das komische Karnevalshütchen mit knallrotem Paillettenkleid auf runder fetter Figur und nicht die Frau am Nebentisch.
Dann: „Schwarzer Tee.“
„Ja schon“, erklärte ich, „aber es sollte bitte Earl Grey sein.“
Leerer Blick.
„Da frage ich mal.“
„Ja“, sagte ich frierend und schon vorab resigniert, „tun Sie das bitte.“
Ich ging nach Zeitschriften gucken und als ich wiederkam, standen auf meinem Tisch ein prächtiges Stück Käsesahnetorte (für das Zeugs würde ich Morde begehen) und – jawohl, ein Earl Grey.
Langsam auftauend, genoss ich die Torte – bis ich ein Kitzeln in der Nase spürte, dachte „Shit“ – und Blut tropfte in einem hübschen leuchtend hellroten Farbton an mir herab. Gar bezaubernd. Passiert ab und zu, wenn es sehr kalt ist und ich zuwenig Wasser trinke. Das mögen die Nasenschleimhäute nicht so gerne und dann machen sie auf sich aufmerksam. (Übrigens immer nur links – kann mir das jemand erklären?)
So lernte ich die Toilette des Schlosscafés auch mal kennen. Sehr nett. Ich verbrachte zweimal eine geraume Zeit da unten in dem kühlen Raum, drückte mir mit kaltem Wasser getränkte Papierhandtücher gegen die Nase und nahm mit großem Interesse die Gesichter der hereinkommenden Damen wahr.
Die Damen sahen das Blut und guckten sofort zur Seite. Ihre Gesichter nahmen diesen bestimmten „Ist mir egal, was dir passiert ist, ich will da nicht reingezogen werden“-Ausdruck an. Nur eine von sechs oder sieben sprach mich auf das Nasenbluten an.
Den Earl Grey konnte ich leider nicht genießen, weil das heiße Getränk im Mund natürlich sofort einen weiteren Schwall roter Farbe auslöste. Ich stopfte mir Papiertaschentuch in die Nase und genoss trotzdem meine Torte. Käsesahne, hey! Die war wirklich gut.
Dann fuhr ich nach Hause und schlief zusammen mit Pippilotta eineinhalb Stunden auf dem Lottersofa.
Irgendwie ist heute ein ganz doofer Tag. Aber, Frau Ährenwort, der schlimmste Teil der Januardepri ist trotzdem vorbei, ganz ehrlich.