Manche von euch, my darlings, grinsen womöglich schon beim Lesen der Überschrift, weil sie wissen, über wen ich heute schreibe. Ja, genau: Es geht um John Bercow, den obercoolen Sprecher des britischen Unterhauses (House of Commons). Bercow ist im Zuge der langen Brexit-Debatte im Laufe der Zeit auch hier bei uns immer bekannter geworden, denn es scheint, daß sich in Deutschland herumgesprochen hat, daß man unter der URL https://parliamentlive.tv/Commons die Sitzungen des britischen Unterhauses live verfolgen (und dabei eine Menge Spaß haben) kann. Der Prinz und ich schauen regelmäßig rein, weil wir so viel Spaß an John Bercow und seinen schrillen Krawatten (ebenfalls Kultstatus!) haben. Bercow ist nicht nur sehr gebildet, sondern auch unfaßbar eloquent. Ich mag an ihm, daß er ein souveräner, humorvoller Mensch ist, der es nicht an anderen auslässt, daß er nur 1,65 Meter groß ist, obwohl politische Gegner öfter mal versuchen, ihn auf dieser Ebene anzugreifen (Lieber kleiner Tobias Binsenkauer, hier kannst du noch etwas lernen-abgesehen von den dringend notwendigen Führungskräfte-Seminaren!)
Wer das Theater vor Trumps erstem England-Besuch mit verfolgt hat, weiß, wie beleidigt das orange Ding war, als klar wurde, daß Her Majesty ihn auf keinen Fall in ihrer goldenen Kutsche mitfahren lassen würde. Aaaber der böse böse Barack Obama, auf den er so eifersüchtig ist, daß er sich kaum noch einkriegt, durfte eine Rede in Westminster Hall halten, vor beiden Parlamenten, dem House of Commons (Unterhaus) UND dem House Of Lords (Oberhaus)! Also deutete Darth Orange an, daß er das auch wolle. Problem: dazu braucht er eine ausdrückliche Einladung. Und dazu hat John Bercow eine ganz klare Meinung, die er hier sehr deutlich macht. Obama dagegen hatte kein Problem, diese Einladung zu erhalten. Hier ist zu sehen, mit wieviel Freude Bercow den besten amerikanischen Präsidenten ever in Westminster Hall begrüßte. Auch Obama freute sich sehr über diese Einladung, seine Rede ist hier zu sehen und zu hören.
Im vergangenen Juli haben Trumps Her Majesty besucht. Daß sie sie 20 Minuten in knallender Hitze warten ließen, war nicht der einzige peinliche Fauxpas. Das Trumpeltier und seine Malaria drückten ihr einfach nur die Hand – keine Verbeugung, kein Knicks… Ich war fassungslos, als ich die Filmaufnahmen sah (hier, vom Spiegel). Ich hoffe einfach, daß seine Demenz schnelle Fortschritte macht und er eines Tages irgendwo in der Welt von einer Bühne herunter wandert und nie mehr zurückkommt.
Übrigens – wer bisher bei den Abstimmungen im Unterhaus glaubte, es ginge um Picasso-Gemälde („The ayes to the right… the noes to the left…“): Die Wiener Zeitung hat eine sehr gute Erklärung, wie Abstimmungen im Unterhaus ablaufen.
Ist jemand von euch auch Bercow-Fan?
Ein sehr smarter Typ. Aber im Moment muss ich doch sagen, dass mir das Ganze eher mächtig auf den Zapfen geht, als dass ich von irgendetwas Fan sein könnte, was derzeit aus GB kommt.